Einzelansicht

Erfahrungen aus der Schadenberatung Teil 3 - Kommunikation über Abteilungsgrenzen hinaus ist hilfreich bei der Schadenprävention

Viele Abteilungen in Wohnungsunternehmen sind betroffen, wenn ein Schaden an Gebäuden entsteht. Dies gilt besonders, wenn es um Wasserschäden geht. Ob Kaufmann oder Techniker, jeder ist in seinem Aufgabengebiet Teil der Schadenprävention. Hier ist Kommunikation über Abteilungsgrenzen hinaus durchaus hilfreich. Beim Thema Rohrverstopfung zeigen sich schon erste Erfolge. Unser Schadenberater Stefan Schenzel berichtet im dritten Teil unserer Interviewreihe über die gewonnenen Erfahrungen.

Herr Schenzel, welche Abteilungen in den Wohnungsunternehmen sind vor allem an Ihrer Schadenberatung interessiert?

Stefan Schenzel: Die Organisationsstruktur in den Unternehmen ist sehr verschieden, daher gibt es keine eindeutige organisatorische Zuordnung. Bei kleineren Wohnungsunternehmen ist die Analyse der Schäden auch in der 1. Führungsebene angesiedelt. In einigen Wohnungsunternehmen finden mit dem Schadenberater „Qualitäts-Audits“ statt, an denen Vertreter aller betroffenen Abteilungen teilnehmen.

Welche Auswertungen von Analysedaten und Hinweise auf Schadenschwerpunkte interessieren dabei besonders?

Stefan Schenzel: Die Zuordnung von „Schadensnestern“ ist insbesondere für technische Abteilungen sehr aufschlussreich. Technische Abteilungen nutzen die Schadenanalysen zur Steuerung der Investitionen und Optimierungen der Technologie bei den Leitungssystemen und den Vergabeprozessen. Schadenpotentiale können so frühzeitig aufgezeigt werden, d.h. die Instandsetzungs-Maßnahmen können so zielgenau erfolgen. Die Analysen machen die erforderlichen Reparaturaufwendungen für technische Störungen planbarer.

Stellen Sie gemeinsame Interessen der technischen und kaufmännischen Abteilungen fest?

Stefan Schenzel: Für die Techniker, wie auch Kaufleute, sind die Schadenanalysen zum Teil auch eine Bestätigung der getroffenen Investitionsentscheidungen, z. B. für eine Strangsanierung. Die kaufmännischen Abteilungen befassen sich neben den Investitionsentscheidungen in der Regel mit der Gestaltung der Versicherungsprämien.

Welche Ursachen für Schäden werden denn bei Ihren Analysen deutlich?

Stefan Schenzel: Von größerer Bedeutung sind für viele Wohnungsunternehmen Schäden durch Rohrverstopfungen. Wir konnten im ausgewerteten Bestand von knapp einer halben Million Wohnungen insgesamt 75.000 Schäden in einem Jahr feststellen. Davon waren rund ein Drittel (27.500 Schäden) durch Rohrverstopfungen verursacht.

Welche Erfahrungen wurden Ihnen von den Wohnungsunternehmen zur Vermeidung von Rohrverstopfungen vermittelt?

Stefan Schenzel: Die nutzerbedingten Ursachen (Fehlverhalten) lassen sich mit einem geringen finanziellen Aufwand reduzieren. Sehr hilfreich sind Informationen für Nutzer/Mieter in deutsch und mehreren anderen Sprachen. Diese stellen wir als AVW unseren Kunden gern zur Verfügung.

Sie haben doch sicher auch die Kosten der entstandenen Schäden ausgewertet?

Stefan Schenzel: Ja, es wurden neben den Rohrverstopfungen im Jahr 2021 auch 55.000 Schäden aus Ausführungsmängeln, falschen Betriebsbedingungen, z.B. ungeeignete thermische Desinfektion, Frostschäden und Produktmängel / Materialmängel z.B. Korrosion analysiert. Für diese Schäden mussten im Durchschnitt 1.010 Euro aufgewendet werden.

Welche Maßnahmen zur Prävention sind denn bereits heute den Wohnungsunternehmen vertraut?

Stefan Schenzel: Über den Dialog mit den Nutzern und entsprechenden Mieterinformationen konnten Rohrverstopfungen in vielen Wohnungsunternehmen nachhaltig reduziert werden. Im Fokus stehen auch Strangsanierungskonzepte; der präventive Ansatz überzeugt immer mehr Wohnungsunternehmen. In einigen Wohnungsunternehmen werden Prozessoptimierungen, Vorgaben bei den Produktqualitäten und die Etablierung des internen Qualitätsmanagements vorbereitet. Allgemein kann festgestellt werden, dass das Schadenmanagement bei unseren Kunden als ein wesentlicher Baustein in der Instandhaltung bewertet wird.

Lassen sich bereits positive Effekte durch die Präventionskonzepte feststellen?

Stefan Schenzel: Ja, nach erfolgter Strangsanierung lässt sich der signifikante Rückgang der Schadenzahlen in den entsprechenden Objekten nachweisen. Dieser Erfolg basiert auf einer effizienten und umfassenden Schadenanalyse. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit zeigt sich, dass sich vorgezogene Investitionen i.d.R „lohnen“. Der erstmalige Gesamtaufwand ist stets kleiner als die Summe von mehrmaligen Reparaturen verbunden mit Mieterstörungen an den Strangsystemen. Das Investitionsergebnis schlägt sich für das Wohnungsunternehmen positiv nieder und ist zahlenmäßig nachvollziehbar, d.h. es ist transparent und damit wesentlicher Teil der Investitionslenkung bzw. des Portfoliomanagements.

Welcher Effekt der Prävention ist neben der Investitionssteuerung noch hervorzuheben?

Stefan Schenzel: Der Präventionsgedanke wirkt sich auch positiv auf die Sensibilisierung für den Zustand der haustechnischen Anlagen aus. Risikobewertungen und Gefährdungsanalysen gewinnen ja auch in wirtschaftlicher Hinsicht immer mehr an Bedeutung.

Könnten Sie dazu auch ein konkretes Beispiel benennen?

Stefan Schenzel: In der VdS-Tagung im September 2020 wurde von einem kommunalen Wohnungsunternehmen in Norddeutschland die Strategie zur Instandsetzung der Steigleitungen im Zusammenhang mit der Modernisierung für seniorengerechte Bäder vorgestellt. Im Rahmen einer softwaregestützten Mehrjahresplanung erfolgte die Priorisierung anhand eines Kriterienkatalogs, der auch die Schadenquote der Installationen vergangener Jahre berücksichtigt. Hierzu wurde in „wohnungswirtschaft heute - Forum Leitungswasser“ Ausgabe 2, November 2020 ein ausführlicher Bericht veröffentlicht.

Welche Aspekte haben für die Wohnungsunternehmen bei der Umsetzung der Beratungsergebnisse besondere Bedeutung?

Stefan Schenzel: Besondere Bedeutung für die Wohnungsunternehmen haben niedrigere Kosten für Instandsetzungen sowie stabile Versicherungsprämien. Als besonders positiv werden geringere Störungen beim Mieter registriert. Diese Beurteilung ist allerdings in ihrer Bedeutung je nach Wohnungsmarktlage unterschiedlich. Weniger Störungen bedeuten jedoch auf jeden Fall auch die Entlastung der Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens, da sie weniger Gesprächsbedarf mit verärgerten Mietern haben. Das reduzierte Konfliktpotential entlastet letztlich den internen Verwaltungsaufwand. Kurz gesagt: Prävention von Leitungswasserschäden wirkt sich positiv auf das Image des Wohnungsunternehmens aus.

Was überzeugt die Kunden bei der Schadenberatung besonders?

Stefan Schenzel: An erster Stelle werden hier die umfassende Auswertungsmöglichkeit und Transparenz in der Schadenanalyse genannt. Als besonders wichtig werden auch die Funktionalität der IT-Tools, wie z.B. das Schadenmanagementportal und die Auswertungen hervorgehoben. Diese Auswertungen können auch unter Einsatz von Power-BI, einer angepassten Software, unabhängig von der Datenherkunft und den unterschiedlichen Datenqualitäten, erstellt und von der Schadenberatung mit den Wohnungsunternehmen gemeinsam analysiert werden.

Wie wird denn die Schadenberatung im Großen und Ganzen von den Kunden eingeschätzt?

Stefan Schenzel: Wir stoßen auf hohes Interesse. Die Tools werden als perfekter „Werkzeugkasten“ wahrgenommen. Die Beratungsleistung in den direkten Kundengesprächen wird in den Unternehmen sehr begrüßt, da sie über die reine Dienstleistung des Versicherungsmaklers weit hinausgeht. Die qualifizierten Berater bieten solide Informationen. Sie beruhen auf dem breiten Erfahrungshintergrund der Versicherungswirtschaft von rund 1 Mio. Leitungswasserschäden pro Jahr.

Herr Schenzel, wir danken Ihnen für Ihre umfassenden Erläuterungen.

Das Gespräch führten die Moderatoren des FORUM LEITUNGSWASSER Helmut Asche und Siegfried Rehberg.