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Nach dem Hochwasser: Was Sie bei der Sanierung nach Hochwasserschäden beachten sollten

Unzählige Haushalte, Unternehmen und Organisationen wurden Opfer der jüngsten Hochwasserkatastrophe. Nasse Keller, feuchte oder in vielen Fällen sogar durchnässte Hauswände, Fußböden und Möbel sind die Folge der Überschwemmungen.

 

Zunächst scheinen für die Betroffenen die Probleme mit dem Rückgang des Hochwassers, den abgeschlossenen Reinigungsarbeiten und scheinbar wirkungsvollen Schönheitsreparaturen gelöst. Doch häufig können trotz der Nutzung von Bautrocknungsgeräten Wände und Böden nicht schnell genug durchtrocknen. Eine Restfeuchte bleibt und hier lauern die Gefahren. Baubiologe und Schimmelexperte Dr. Gerhard Führer beschreibt die Gefahren.

Gesundheitsgefährdende Schimmelpilze und Bakterien   

Feuchtigkeit ist die Grundlage für das Wachstum von gesundheitsgefährdenden Schimmelpilzen und Bakterien. Dabei benötigen diese keine Nässe – ausreichend ist schon eine gewisse Materialfeuchte. Innerhalb weniger Tage bilden sich diese Mikroorganismen, wenn sie nicht schon direkt durch verschmutztes (Hoch)Wasser eingetragen wurden.

Besonders problematisch sind dabei schwer einsehbare Hohlräume, in die das Wasser eindringen konnte, wie beispielsweise bei Installationsleitungen oder auch unter den Estrich. Die Trocknung kann hier Monate dauern.

Sichtbarer Schimmel ist häufig nur die Spitze des Eisberges. Regelmäßig sind diese offensichtlichen Schäden mit verdeckten, nicht-sichtbaren mikrobiellen Belastungen vergesellschaftet, die weitaus gefährlicher sind. Denn obwohl die für viele Schimmelpilzarten typischen grau-schwarzen Verfärbungen mit pelzigen Strukturen an den Oberflächen (noch) gar nicht zu sehen sind, liegt ein massives Schimmelpilz- oder Bakterienproblem vor. Gerade dann, wenn Feuchtigkeit beispielsweise in die nicht einsehbare Dämmebene der Fußbodenkonstruktion gelangt, führt dies dort innerhalb weniger Tage zu einer mikrobiellen Aktivität. Feuchtigkeit ist nun mal die Grundvoraussetzung für jedes Schimmelpilz- und Bakterienwachstum.

   
Schimmel macht krank 

Schimmelpilze können krank machen, das belegen viele Studien. Häufig treten gesundheitliche Beschwerden wie Atemwegserkrankungen, allergische und asthmatische Reaktionen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und erhöhte Infektanfälligkeit auf. Eine sachgerechte Sanierung ist daher dringend nötig.

    

Jede zweite Schimmelsanierung ist unsachgemäß

Doch hier ist Vorsicht geboten. Experten gehen davon aus, dass bundesweit mindestens jede zweite Sanierung bei einer Schimmelpilzbelastung nicht fachgerecht ausgeführt wird und daher erneut saniert werden muss. So das Ergebnis einer Expertenbefragung im Rahmen des 3. Würzburger Schimmelpilz Forums im März dieses Jahres. Dreiviertel der Befragten gehen sogar davon aus, dass 70 Prozent der Sanierungen fehlerhaft sind.

  

Die Hauptgründe hierfür liegen im mangelhaften Wissen der ausführenden Unternehmen und in der Tatsache, dass die Schäden im Vorfeld nicht korrekt eingeschätzt bzw. begutachtet wurden. Darin sind sich immerhin 83 Prozent der befragten Architekten, Bausachverständigen, Bau- und Sanierungsunternehmer sowie Juristen einig. Enorme Folgekosten für die Sanierung der Sanierung und eine erneute Minderung der Lebensqualität der Bewohner sind die Folge. Kosten und Unannehmlichkeiten die unbedingt vermeidbar wären. Eine mikrobiologische Bestandsaufnahme vor der Sanierung würde wichtige Erkenntnisse liefern, Hinweise auf die auszuführenden Arbeiten geben und so letztendlich einer Folgesanierung vorbeugen. Doch gemäß der Expertenbefragung findet derzeit höchstens bei 10 Prozent der zu sanierenden Gebäude im Vorfeld eine mikrobiologische Bestandsaufnahme statt.

  

Fachgutachter hilft Kosten zu sparen 

50.000 Euro oder mehr sind für eine fachgerechte Sanierung beispielsweise von Fußbodenkonstruktionen keine Seltenheit. Daher sollten Sie bereits im Vorfeld der Erstsanierung einen Fachgutachter zu Rate zu ziehen, der sich auf Schimmelpilzbelastungen oder Schadstoffe spezialisiert hat. Nur er verfügt über das fachspezifische Know-how, das bei derart komplexen Sachverhalten erforderlich ist.

Oftmals werden im Expertengespräch auch wertvolle Tipps und kostengünstige Sanierungsalternativen aufgezeigt, wie beispielsweise bei der Sanierung der Dämmebene von Fußböden. Hier kann der Einsatz eines diffusionsoffenen Estrichfugensystems den kosten- und zeitintensiven Komplettrückbau der gesamten Fußbodenkonstruktion ersetzen.

   

  
5 Punkte, die bei einer Sanierung nach einem Hochwasserschaden unbedingt beachtet werden sollten

  

Baubiologe und Schimmelexperte Dr. Gerhard Führer rät:

  

  • Im Sommer den Keller nicht über die Fenster lüften, da dabei warme und mit Wasserdampf beladene Luft auf kalten Kelleroberflächen kondensieren kann.
  • Trocknung heißt: Abtransport von Wasser/Feuchtigkeit. Trocknung heißt nicht, dass Bestandteile von Schimmelpilzen oder Bakterien entfernt oder fachgerecht von der Raumluft abgetrennt werden.
  • Sichtbare Schimmelbefälle sind in der Regel nur die „Spitze des Eisberges“. Typischerweise sind diese mit verdeckten und zunächst nicht sichtbaren Schäden z. B. in Fußbodenkonstruktionen vergesellschaftet.
  • Vor der Sanierung eine mikrobiologische Bestandsaufnahme durchführen lassen. Sie gibt Aufschluss darüber, ob und wenn ja wo und in welchem Umfang Schimmelpilze und Bakterien vorliegen.
  • „Fachgerecht sanieren ohne Desinfektionsmittel“ empfiehlt das Umweltbundesamt. Gründe sind:
    a. Auch von abgetöteten Sporen können allergische und toxische Wirkungen ausgehen.
    b. Die Mittel selbst können zu gesundheitlichen Problemen führen.
    c. Unerwünschte Nebenreaktionen können zu langanhaltenden Geruchsproblemen führen.

    

Quelle: peridomus, Dr. Gerhard Führer